14 April 2013

Gedankenkiste ~ Der innere Schweinehund - Faszination prokrastination


»Das Aufschieben wichtiger Geschäfte ist eine der gefährlichsten Krankheiten der Seele.«
~ Georg Christoph Lichtenberg

Früher sagte mein Geschichtslehrer immer, dass Sätze die das Wort „eigentlich“ beinhalten, totaler Quatsch sind. Leider fangen alle meine Lieblingssätze mit „eigentlich“ an. Hier ein paar typische Beispiele:
Eigentlich wollte ich schon abgewaschen haben, nur ist mir aufgefallen, dass ich noch Biologie machen muss“ oder „Eigentlich wollte ich das Cover am Sonntag fertig gestalten. Aber ich beim Lesen eingeschlafen.“ Eine weitere gute Möglichkeit ist eine Kombination aus beidem „Eigentlich hätte ich abwaschen sollen, habe mich stattdessen an Bio gesetzt, um wiederum festzustellen, dass ich morgen ein Cover abgeben muss. Deswegen habe ich schnell in das Manuskript hineingeschnuppert und bin beim Lesen eingeschlafen. Ups!

Ihr seht, die Liste der Kombinationsmöglichkeiten ist endlos und mal ganz unter uns Schreiberlein, es entstehen viel zu viele hässliche Satzkombinationen mit dem »Faulheitsverb« haben.

Die Kunst des Aufschiebens oder auf klugscheißerisch »Prokrastination«, ist ein gesellschaftliches Phänomen, das wir alle kennen. In diesen stillen Momenten in den wir arbeiten sollten, es aber nicht tun. Momente, in denen Kugelschreiber zu außerirdische Artefakte mutieren und wir so lange mit ihnen herumspielen, biss dem Mathebuch Beine wachsen und es anfängt, seine Probleme selber zu lösen.

Unter dem Motto „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe stets auf Morgen“, schummeln wir uns durch die Weltgeschichte. Dabei ist die Aufschieberei meiner Meinung nach ein Abwehrmechanismus des Körpers. Unser Hirn versucht mit dem ständigen Verdrängen, Stress zu vermeiden. Da Zeitdruck wohl einer der bekanntesten Stressverursacher ist - und wir angesichts des Aufschiebens nur die Arbeit vertagen - kommt am Ende doppelt so viel Anspannung auf uns zu. Da würde ich sagen: dumm gelaufen Gehirn.

Am Besten finde ich es noch, wenn man sich selber davon überzeugen will, dass die Ablenkung wichtiger ist als die Arbeit an sich. Das sieht bei mir bekanntlich so aus:

Okay, ich muss bis morgen ein Konzept erstellen. Ich habe noch 24 Stunden und sollte eventuell damit anfangen. Aber … zuvor schaue ich schnell in Facebook rein, meine Freunde sind schließlich wichtig. Ich könnte auch noch den Kühlschrank plündern. Jemand hat mir mal gesagt, dass man schneller verhungert, als einem lieb ist. Oder ich lese noch ein … zwei Kapitel aus diesem neuen Buch? Wenn ich es nicht bald lese, werden ich die Einzige sein, die nicht weiß, worum es geht. Dann degradiere ich mich zur Außenseiterin, werde von allen gemobbt, falle in eine Depression, konsumiere womöglich auch noch Drogen und bekomme keinen vernünftigen Job mehr.
Man! So kann das doch nicht weitergehen! Ich muss dieses Buch lesen, um meiner Zukunft willen!


Sehr melodramatisch. Das ist leider so üblich bei uns Frauen.

Und nun sitze ich hier und schreibe an meine erste Kolumne. Eigentlich wollte ich sie  schon vor zwei Wochen fertig haben. Eigentlich. Aber ich wäre ja nicht ich, wenn ich meine wöchentliche Ration Prokrastination nicht in vollen Zügen genießen würde.
Am Ende weiß ich ja, dass mich ein tollwütiger Schweinehund erwartet, mit Mundgeruch und beißfreudigen Zähnen.

Manchmal muss ich  zugeben, dass mir die Arbeit Spaß bereitet. Aber nur manchmal und nur, wenn sie mit euch ist ;)

In dem Sinne wünsche ich euch noch eine produktive Woche.

Liebe Grüße eure
Cassy


1 Kommentar

  1. Sehr gut geschrieben und das trifft auf mich auch voll und ganz zu. Ich schiebe vieles solange auf bis ... ich mich auf die Hinterbeine setzen und reinhauen muss, damit es noch was wird. ;)
    Gute erste Kolumne, weiter so Cassy!

    LG Jay

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